Support-Hotline:
(Mo. – Fr.: 09:00 - 18:00 Uhr)

„Iron Mans“ kleiner Bruder: German Bionic will Exoskelette in den Massenmarkt bringen

Anfang Januar war in Las Vegas Showtime für die Exoskelette von German Bionic. Das deutsche Start-up präsentierte auf der Elektronikmesse CES seine Hightech-Rucksäcke, die Arbeiter beim Heben und Tragen unterstützen. Die Show wurde mit einem der „Best of Innovation“-Preise belohnt, etliche US-Medien berichteten fasziniert über die mechanischen Exoskelette.

Der Prestigeerfolg gelingt in einer wichtigen Phase. In diesem Jahr will das Management mit der Serienfertigung beginnen, es gilt also, Kunden zu gewinnen. Besonders in Nordamerika: „Wir gehen davon aus, dass die USA der stärkte Markt werden“, sagt Armin G. Schmidt, Chef des Elektronikherstellers. Die Konkurrenz ist allerdings hart.

Um wen geht es?

German Bionic ist aus einem universitären Forschungsprojekt zum Einsatz von Exoskeletten in der Industrie hervorgegangen. Als die Förderung endete, entschlossen sich Peter Heiligensetzer und Armin G. Schmidt, einen der Prototypen weiterzuentwickeln. 2017 gründeten sie gemeinsam mit dem Investor Michael Halbherr in Augsburg.

Über die Jahre hat das Unternehmen mehrere Produkte entwickelt: sechs Generationen des Exoskeletts, eine Sicherheitsweste mit Sensoren, zudem eine Cloud-Plattform. „Wir sehen uns nicht als reine Hardwarefirma“, betont Schmidt, der 2018 den Chefposten übernahm. Die Datenanalyse soll Kunden helfen, ihre Arbeit gesund und effizient zu gestalten.

Wie funktioniert die Technologie?

Der „Apogee Power Suit“ – so der Name des aktuellen Modells – ähnelt entfernt einem Rucksack mit harter Schale, der an Schultern, Hüfte und Oberschenkeln befestigt wird. Rund 7,5 Kilogramm wiegt das Gerät und damit in etwa so viel wie gut gefülltes Wandergepäck.

Dafür bietet der Kraftanzug, der knapp 10.000 Euro kostet, erhebliche Unterstützung. Das Gerät verfügt über Motoren und Getriebe. Im Verbund wirken sie wie ein elektronischer Muskel, der den unteren Rücken um bis zu 30 Kilogramm entlastet. In einem Logistikzentrum oder einer Fabrik könne sich die Unterstützung im Laufe des Tages auf mehrere Tonnen pro Mitarbeiter summieren, betont Schmidt.

Das Exoskelett ist keine Hightech-Rüstung für Superhelden, wie die Technologie vielleicht denken lässt, sondern ein Alltagswerkzeug in Fabrik und Lager. Es ist gewissermaßen „Iron Mans“ kleiner Bruder.

Wird das ein Trend?

Die Suche nach Fachkräften wird gerade in alternden Gesellschaften immer schwieriger. Unternehmen müssen somit etwas dafür tun, dass ihre Mitarbeiter lange gesund bleiben. „Unsere Vision ist, dass wir den Menschen mit anziehbaren Werkzeugen länger fit halten“, sagt Schmidt.

Das größte Potenzial sieht der Manager aktuell in Branchen wie Industrie und Logistik. Zu den Kunden zählen Dachser und DPD, zudem einige Flughäfen und Handelsunternehmen. Der Einsatz der Technologie sei aber auch in anderen Branchen sinnvoll, Gesundheitsweisen und Pflege etwa.

German Bionic schätzt auf Grundlage verschiedener Studien, dass der Markt für Exoskelette bis 2030 um durchschnittlich 43 Prozent auf 20,8 Milliarden Dollar wachsen wird. Wenn das so eintrifft, wird aus der Nische ein Massenmarkt.

Wie geht es weiter?

German Bionic hat seine Produkte mit insgesamt knapp 50 Millionen Dollar Fremdkapital zur Serienreife gebracht. Bislang verkauft das Start-up aber vergleichsweise kleine Stückzahlen. Der Umsatz liegt nach Angaben des Unternehmens im zweistelligen Millionenbereich, genaue Geschäftszahlen nennt es nicht.

Nun steht die Massenproduktion an, der Autozulieferer Mubea wird die Geräte fertigen. Die Nachfrage sei mittlerweile hoch, betont Schmidt: „Es hat sich herumgesprochen, dass die Technologie sinnvoll einsetzbar ist.“

Das Start-up verzeichnet mehr Bestellungen und neuerdings größere Stückzahlen, bisweilen Hunderte Geräte auf einmal. Das ist für den Geschäftsplan wichtig: „Nach den jetzigen Prognosen sind wir bis zum Break-even durchfinanziert.“

Die Chance wollen indes auch andere Hersteller ergreifen. An aktiven Exoskeletten mit Motoren arbeiten nach Angaben von Schmidt mehrere Hersteller in den USA und Japan. „Es ist schon ein Hauen und Stechen.“ Auch auf der CES war das zu spüren: Zum Stand kamen etliche Mitarbeiter der Konkurrenz.

Das Handelsblatt stellt jede Woche junge Firmen vor, die Manager, Unternehmer und Wirtschaftsinteressierte jetzt in den Blick nehmen sollten. Im Fokus steht das Innovationspotenzial, auf das auch Investoren besonders achten. Die Geschäftsmodelle und Ideen könnten auch in anderen Branchen neue Impulse für Produkte und Lösungen setzen.

Quelle: German Bionic: Start-up baut Exoskelette für den Massenmarkt (handelsblatt.com) (03.02.2023)

Tom Illauer

Alle Beiträge von: 
de_DEGerman